Der DSTG-Bundesvorsitzende, Florian Köbler, betont in seinem Leitartikel in der Juni-Ausgabe des DSTG-MAGAZINS die Bedeutung der Zukunft der Steuerverwaltung. Er fordert, dass wir uns nicht nur mit aktuellen Problemen beschäftigen, sondern den Blick nach vorne richten und konstruktive Lösungen finden sollten.
Vor die Welle kommen!
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
die Zukunft der Steuerverwaltung stand im Fokus dieses ersten Halbjahres 2023, und wir bei der DSTG haben uns intensiv mit diesem Thema auseinandergesetzt. Es reicht nicht aus, die aktuellen Probleme anzuprangern, die Arbeitsbelastung und die teilweise nicht funktionierende EDV zu kritisieren – wir müssen den Blick nach vorne richten und konstruktive Vorschläge machen. Die Lage macht es erforderlich, eine Vision zu entwickeln und eine große Bewegung in Gang zu setzen.
Es ist offensichtlich, dass der derzeitige Aufwand, den wir rund um das Steuerrecht betreiben, von Unternehmen, Steuerberatern und der Steuerverwaltung in Zukunft wegen des immer drastischer werdenden Fachkräftemangels nicht mehr bewältigt werden kann. Deshalb brauchen wir eine radikale Änderung in der Steuergesetzgebung.
Vereinfachungen sind unerlässlich, um das Steuersystem zukunftsfähig zu machen. Wir müssen Gesetze schaffen, deren zutreffende Umsetzung durch moderne Technologie geprüft werden kann. Es ist an der Zeit, ein neues Mindset in unserer Gesellschaft zu etablieren.
Wir müssen uns von dem Anspruch lösen, eine perfektionistische Einzelfallgerechtigkeit zu gewährleisten. Statt aufwendiger und detaillierter Steuererklärungen sollten höhere Pauschalen oder beispielsweise ein Quellensteuerabzug für Renteneinkünfte eingeführt werden, um die Anzahl der Steuererklärungen drastisch zu reduzieren. Natürlich ist es wichtig, gerechte Lösungen zu finden, aber wir sollten uns auch gegenseitig mehr zutrauen. Nicht das Steuerrecht sollte zu guten Entscheidungen animieren, sondern die Vernunft der Bürgerinnen und Bürger (zum Beispiel Klimapolitik). Nicht die Steuergeschenke für Start-ups sorgen für den Erfolg, sondern unternehmerische Ideen, denen mit Entbürokratisierung und Beschleunigung von Genehmigungsprozessen viel mehr geholfen wäre. Vertrauen wir auf die Expertise und ehrliche Meinung der Steuerexperten und schaffen wir eine solide Grundlage für das Funktionieren des Steuersystems. Künstliche Intelligenz (KI) sollte nicht als Bedrohung, sondern als Chance verstanden werden. Sie kann uns als Co-Pilot dienen und wertvolle Unterstützung bieten. Gerade im Steuerrecht wird die Intuition weiterhin eine wichtige Rolle spielen. Die menschliche Intuition bleibt von großer Bedeutung, denn sie ermöglicht uns, komplexe Sachverhalte zu erfassen und individuelle Situationen angemessen zu berücksichtigen.
Jedoch müssen wir uns auch darauf einstellen, eine „augmented intuition“ zu entwickeln. Das bedeutet, dass wir KI-basierte Entscheidungsvorlagen nutzen und mit unserer wertvollen menschlichen Intuition verbinden. Durch diese Kombination können wir fundierte Entscheidungen treffen, die das Beste aus beiden Welten vereinen.
Es liegt an uns, vor die Welle zu kommen und die Zukunft der Steuerverwaltung aktiv zu gestalten. Lasst uns gemeinsam dafür eintreten, die Steuergesetzgebung zu vereinfachen, die Digitalisierung voranzutreiben und unsere menschlichen Fähigkeiten mit Künstlicher Intelligenz zu erweitern. Lasst uns die Chancen erkennen und nutzen, um ein effizientes, gerechtes und nachhaltiges Steuersystem zu schaffen. Die Zukunft liegt in unseren Händen – lasst uns voranschreiten und die Steuerverwaltung für kommende Generationen verbessern.
Florian Köbler,
DSTG-Bundesvorsitzender