05. Mai 2020

Qualifizierung nach Paragraf 5 TV-L

Einmal jährlich den Qualifizierungsbedarf besprechen

Berufliche Qualifikationen werden in der Finanzverwaltung immer wichtiger. Daher empfiehlt Karl-Heinz Leverkus, Vorsitzender der DSTG-Tarifkommission und auch stellvertretender DSTG-Bundesvorsitzender, allen Tarifbeschäftigten, sich regelmäßig um ein Qualifizierungsgespräch mit dem Vorgesetzten zu bemühen. Das DSTG MAGAZIN befragte Leverkus, was es damit auf sich hat.

 

 

 

Herr Leverkus, für wen ist Qualifizierung besonders wichtig?

Leverkus: Ein hohes Qualifikationsniveau und lebenslanges Lernen liegen im gemeinsamen Interesse von Beschäftigten und Arbeitgebern. Denn Qualifizierung dient dazu, die Effektivität und die Effizienz des öffentlichen Dienstes zu steigern, beschäftigungsbezogene Kompetenzen auszubauen und den Nachwuchs zu fördern. Daher verstehen die Tarifvertragsparteien Qualifizierung als Teil der Personalentwicklung.

Gibt es einen Anspruch auf Qualifizierung?

Leverkus: Qualifizierung nach Paragraf 5 des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) stellt ein Angebot dar, aus dem für die Beschäftigten allerdings kein individueller Anspruch auf Fort- und Weiterbildung abgeleitet werden kann. Tarifvertraglich verankert ist jedoch der Anspruch auf ein regelmäßiges Gespräch mit der jeweiligen Führungskraft. In diesem Gespräch wird festgestellt, ob und welcher Qualifizierungsbedarf besteht. Ist nichts anderes vereinbart, ist ein solches Gespräch einmal pro Jahr zu führen.

Bietet es sich an, ein solches Qualifizierungsgespräch beispielsweise mit dem Leistungsbeurteilungsgespräch zu verbinden?

Leverkus: Davon rate ich ab. Das Qualifizierungsgespräch ist ein Abgleich verschiedener Interessen und Entwicklungsmöglichkeiten, die zwischen den Beschäftigten und ihren Vorgesetzten gleichberechtigt diskutiert und festgehalten werden sollen. Daher ist es sinnvoll, das Qualifizierungsgespräch getrennt von den Leistungs-, Beurteilungs- und Zielvereinbarungsgesprächen zu führen.

Welche Ziele hat das Qualifizierungsgespräch?

Leverkus: Oberstes Ziel dieses Gesprächs ist es, dass die Beschäftigten mit ihren Vorgesetzten ihren Qualifizierungsbedarf und ihre Qualifizierungswünsche formulieren. Beide Seiten sollten dabei ihre Vorstellungen abgleichen und die entsprechenden Maßnahmen im Rahmen der dienstlichen Weiterbildungsplanung festlegen. Das Qualifizierungsgespräch hat also eine doppelte Funktion. Einerseits geht es darum, den Qualifizierungsbedarf jeder einzelnen Mitarbeiterin und jedes Mitarbeiters festzustellen; im Vordergrund steht dann die individuelle berufliche Weiterbildung. Andererseits schafft das Gespräch eine Grundlage für die Feststellung des dienstlichen Qualifizierungsbedarfs und der Personalentwicklung.

Worauf ist noch zu achten?

Leverkus: In einem Qualifizierungsgespräch können auch die bereits vorhandenen Qualifikationen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ermittelt werden. Darauf aufbauend, sollten mehrere Fragen beantwortet werden: Welche Interessen und Bedürfnisse an Fort- und Weiterbildung bestehen? Welche Leistungen sind durch Fort- und Weiterbildung zu erreichen? Und welche Qualifikationen sind zukünftig machbar oder weiter zu verbessern?

Wer bezahlt die Qualifizierungsmaßnahmen?

Leverkus: Hinsichtlich der Übernahme der Kosten ist in Paragraf 5 TV-L geregelt, dass vom Arbeitgeber veranlasste Qualifizierungsmaßnahmen einschließlich Reisekosten grundsätzlich von ihm übernommen werden.

Welche Arten von Qualifizierungsmaßnahmen gibt es?

Leverkus: In Paragraf 5 werden vier Formen von Qualifizierungsmaßnahmen im Sinne des Tarifvertrags unterschieden: erstens solche, „die der Fortentwicklung der fachlichen, methodischen und sozialen Kompetenzen für die übertragenen Tätigkeiten dienen“ (Erhaltungsqualifizierung); zweitens jene, die geeignet sind, „zusätzliche Qualifikationen“ zu erwerben (Fort- und Weiterbildung); drittens Maßnahmen zur Arbeitsplatzsicherung (Qualifizierung für andere Tätigkeiten; Umschulung) und schließlich Qualifizierungsmaßnahmen nach längerer Abwesenheit (Wiedereinstiegsqualifizierung). Beschäftigte in Teilzeitarbeit sollen gleichberechtigt teilnehmen können.

Welchen Stellenwert hat die Qualifizierung heutzutage?

Leverkus: Einen hohen! Die Fort- und Weiterbildung wird immer wichtiger – für die Sicherheit des Arbeitsplatzes, die Verbesserung des Einkommens und die berufliche Entwicklungsmöglichkeit, aber auch für die Mitwirkungsmöglichkeiten bei der Gestaltung der täglichen Arbeitsbedingungen und natürlich für die persönliche Entwicklung.

Was raten Sie den Tarifbeschäftigten der Finanzverwaltung?

Leverkus: Die Beschäftigten sollten ihre jeweilige Führungskraft auffordern, mit ihnen ein solches Gespräch zu führen, und darauf bestehen, dass entsprechende Maßnahmen für sie umgesetzt werden. Denn nur wenn die beruflichen Vorstellungen bekannt sind, kann ein entsprechendes Fort- und Weiterbildungsangebot gemacht werden.