Equal Care Day – ein Tag, der auf die mangelnde Wertschätzung und unfaire Verteilung von Fürsorgearbeit aufmerksam macht. Dieser findet jedes Jahr am 29. Februar beziehungsweise 1. März statt. Der Zeitpunkt ist bewusst gewählt. Genau wie der 29. Februar tritt die Care-Arbeit selten in Erscheinung. Gemeinsam fordern die DSTG-Bundesseniorenvertretung und die DSTG-Bundesfrauenvertretung faire Verteilung der Care-Arbeit und stärkere Anerkennung in der Gesellschaft und durch die Politik.
Der von vielen älteren Menschen gewünschte Verbleib in der häuslichen Umgebung ist häufig nur dank der Pflege durch Angehörige möglich. Diese Aufgabe wird in den meisten Familien durch die Frau übernommen. „Frauen machen 70 Prozent der pflegenden Angehörigen aus. Somit ist die Pflege in der Familie weiblich“, so Johanna Mieder, Vorsitzende der DSTG-Bundesfrauenvertretung. „In den meisten Fällen wird dafür die Reduzierung der Erwerbszeiten vorgenommen. In manchen Fällen aber auch ganz auf die erwerbstätige Zeit verzichtet. Solche fehlenden Zeiten sind in der späteren Versorgung spürbar“, so Anke Schwitzer, Vorsitzende der DSTGBundesseniorenvertretung.
Die Gesellschaft wird immer älter und die Zahl fehlender Pflegekräfte immer größer. Die Personalknappheit im Pflegebereich dürfte in Zukunft weiter zunehmen. Deshalb müssen die Instrumente in der häuslichen Pflege verbessert werden. Aber auch der Pflegeberuf muss attraktiver werden. Im Jahr 2013 gab es 2,6 Millionen Pflegebedürftige insgesamt in Deutschland. Diese Zahl stieg im Jahr 2021 auf 4,9 Millionen. Bei dieser Entwicklung dürfte sich der Anteil Pflegebedürftiger innerhalb von zehn Jahren verdoppeln. Eine alarmierende Feststellung; denn wenn wir den prognostizierten Zahlen des Statistischen Bundesamtes zur Entwicklung der Pflegebedürftigkeit in Deutschland Glauben schenken, werden uns bis zum Jahr 2035 rund 307.000 Pflegekräfte in der stationären Versorgung fehlen. Der Fehlbedarf im Pflegebereich insgesamt könnte sich bis zu diesem Jahr auf knapp 500.000 Fachkräfte vergrößern. (Quelle: Statista 2024)
Im Hinblick auf die demografische Entwicklung kommt der häuslichen Pflege immer größere Bedeutung zu. So werden wir weiterhin auf die familiäre Unterstützung angewiesen sein. Derzeit gibt es zwar die unbezahlten Freistellungsmöglichkeiten nach dem Familienpflegegesetz. Die Gesamtdauer aller Freistellungsmöglichkeiten beträgt zusammen höchstens 24 Monate. Diese Zeit reicht nicht aus! Eine steuerfinanzierte Ersatzentgeltleistung muss her! So fordern die Gremien der Senioren- und Frauenvertretung der DSTG und des dbb die Einführung eines mit dem Elterngeld vergleichbaren Pflegegeldes. Ebenfalls fordern wir die durch die Pflege erworbenen Rentenansprüche nicht auf die (bereits durch die reduzierte Arbeitszeit geminderten) Versorgungsbezüge anzurechnen.
Eine weitere Forderung im Seniorenbereich ist der Rechtsanspruch auf einen entsprechenden Pflegeplatz – wie bei der Kinderbetreuung. Gerade in Bezug auf Verhinderungs- sowie Tagesund Nachtpflege scheitert die Inanspruchnahme derzeit häufig an ausreichenden Betreuungsplätzen. Ein weiterer Punkt ist der Ausbau von Beratungsmöglichkeiten in Hinblick auf die Leistungen der Pflegeversicherung. Nicht selten sind die Angehörigen in einer – oft plötzlichen – Pflegesituation überfordert. Die Fülle an Regelungen und Leistungen sind für den Einzelnen schwer zu überblicken. So bedarf die Inanspruchnahme der Leistungen einer persönlichen Beratung. Der Gesetzgeber hat zwar mit einem Pflegeberatungsauftrag für die Pflegepflichtversicherung reagiert, jedoch müsste in diesem Punkt mehr Aufklärung und Werbung in der Gesellschaft gemacht werden. Nicht selten sind die Pflegestützpunkte oder „Compass“ unbekannte Begriffe.
Auf ihrer 18. Frauenpolitischen Fachtagung wird die dbb bundesfrauenvertretung das Ausmaß und die verschiedenen Formen der Care-Arbeit und ihrer Folgen ergründen und anhand von praktischen Beispielen beleuchten, wie (un)bezahlte Sorgearbeit besser wertgeschätzt und gerechter aufgeteilt werden kann. Ein Blick wird auch auf strukturelle Hindernisse gerichtet, die einer Steigerung der Frauenerwerbstätigkeit im Weg stehen. Wie müssen die politischen Maßnahmen und Reformen gestaltet sein, um diese Barrieren abzubauen und die Teilhabe von Frauen am Arbeitsmarkt zu fördern? Gemeinsam mit Expertinnen und Experten, Forschenden und Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträgern aus Politik, Verwaltung und den dbb-Gewerkschaften wird auf der Fachtagung über Maßnahmen und Lösungsansätze diskutiert.