26. Oktober 2022

DSTG-Bundesfrauenvertretung fordert eine Fortentwicklung des Steuerrechts

Familien mit Kindern gerechter fördern

Es ist an der Zeit, dass alle Kinder dem Staat gleich viel wert sein müssen!

Die Corona-Krise hat ein Schlaglicht auf die ungleiche Aufgabenverteilung zwischen den Geschlechtern geworfen: Vor allem Frauen kümmern sich um das Homeschooling und die Hausarbeit. Viele Frauen arbeiten in systemrelevanten, aber oftmals schlecht bezahlten Berufen.

Um diese sogenannten Care-Arbeiten erfüllen zu können, gehen die meisten Frauen in Teilzeit arbeiten. Wegen der Altersversorgung entscheiden sie sich oftmals ganz bewusst gegen Mini- oder Midi-Jobs und unterwerfen ihre Einkünfte der Lohnsteuer. Bei Ehepaaren wird die Besteuerung der nichtselbstständigen Einkünfte nach den Steuerklassen III, IV oder V vorgenommen.

„In den meisten Fällen hat die Ehefrau die Steuerklasse V und der Ehemann die Steuerklasse III“, berichtet Johanna Mieder, die Vorsitzende der DSTG-Bundesfrauenvertretung. „Das wird im Rahmen des Ehegattensplittings gerne als Sparmodell für die Ehe empfohlen und stellt den gesetzlichen Regelfall dar.“

Doch diese Regelung gehe oftmals zulasten der Frauen, da viele soziale Leistungen wie Elterngeld oder ­Arbeitslosengeld ausschließlich auf die monatlichen Nettoeinkünfte abstellen. „Hier muss dringend in der Sozialgesetzgebung nachgebessert werden“, fordert Mieder.

Vor allem in Krisenzeiten, in denen Menschen ihre Jobs verlieren, zeigt sich: Dieses angebliche Ehesparmodell mit Steuerklasse V kann auch schlecht für das gesamte Familienbudget sein. Denn einen Ausgleich am Jahresende, anders als bei der Steuer, gibt es bei Lohnersatzleistungen nicht. Bei der Steuer wird am Ende des Jahres bei Ehepaaren geprüft, ob sie entsprechend dem ihnen zustehenden Splittingvorteil zu viel oder zu wenig Steuer gezahlt haben.

„An dieser Stelle kommt das Finanzamt ins Spiel“, erläutert Mieder. Laut dem Einkommensteuergesetz seien die Eheleutebei Einkünften mit der Steuerklassenkombination III und V zur Abgabe einer Einkommensteuererklärung verpflichtet. Das Finanzamt müsse die Abgabe überwachen. Erfolgt diese nicht, so wird aufgefordert, erinnert und – wenn notwendig – auch geschätzt. „In Zeiten von Personalmangel sollten wir uns diese Arbeitsschritte ersparen“, findet die Vorsitzende der DSTG-Bundes-frauenvertretung.

Viel stärker im System müssen auch die Familien mit Kindern Berücksichtigung finden. Vor allem Haushalte mit hohen Einkommen profitieren von den steuerlichen Kinderfreibeträgen mehr als Geringverdiener vom Kindergeld.

Es ist an der Zeit, dass alle Kinder dem Staat gleich viel wert sein müssen! Dafür bedarf es einer grundlegenden Korrektur des bisherigen Fördersystems. Als eine Möglichkeit, der bisherigen Ungleichbehandlung entgegenzu-wirken, ist die Einführung einer sogenannten Kindergrundsicherung. Es könnte ein Garantiebetrag für jedes Kind gezahlt werden und ein ergänzender zusätzlicher Betrag für Kinder von Familien mit geringem Einkommen.

So könnte der Bevorzugung von Familien mit höheren Einkommen ein Ende gesetzt werden. Zum anderen würde den Kindern ausFamilien mit niedrigenEinkommen eine bessere gesellschaftliche Teilhabemöglichkeit gewährt.

„Es ist dringend erforderlich, der Gesellschaft die Vor- und Nachteile des Splittingtarifs aufzuzeigen“, so Mieder. Die Gesetze müssen in die Richtung geändert werden, dass sich die Erwerbstätigkeiten von beiden Ehepartnern lohnen und dass Familien mit Kindern bessere Förderung erfahren. Natürlich muss die Gesetzesänderung in die Richtung einer Arbeitsentlastung der Kolleginnen und Kollegen in den Ämtern gehen. Eine Mehrbelastung verkrafte kein Finanzamt mehr.

Zum Gewerkschaftstag des dbb, der Ende November in Berlin stattfinden wird, hat die DSTG einen entsprechenden Antrag eingebracht. Die Familienbesteuerung soll so weiterentwickelt werden, dass die partnerschaftliche Verantwortung und wirtschaft­liche Unabhängigkeit mit Blick auf alle Familienformen gestärkt werden. „Dies sorgt für mehr Fairness und führt zu einer enormen Arbeitsentlastung in den Finanzämtern“, so Mieder.