Nachruf auf Helga Schulz
Gewerkschafterin, Frauenrechtlerin, zugewandter Mensch
Die DSTG trauert um Helga Schulz. Die Hamburgerin verstarb am 7. Januar nach schwerer Krankheit im Alter von 81 Jahren. Eine überaus tatkräftige, engagierte, aber auch humorvolle Kämpferin für Gerechtigkeit schloss für immer die Augen. Sie hinterlässt in der DSTG eine große Lücke.
Die Hanseatin machte 1959 Abitur, was für eine Frau bei den damaligen gesellschaftlichen Vorstellungen noch selten war. Ursprünglich wollte sie Lehrerin werden, aber ein sanfter familiärer Druck lenkte sie in Richtung Hamburger Steuerverwaltung. Eine Entscheidung, die sie nie bereute. Fünf Tage nach Dienstbeginn trat Helga Schulz in den Bund Deutscher Steuerbeamter ein, wie die DSTG damals noch hieß. Frauen spielten 1959 weder im dienstlichen Bereich noch in der Fachgewerkschaft eine herausgehobene Rolle.
Eine Frau wie Helga Schulz wollte sich mit dem damaligen Rollenverständnis nicht abfinden. Sie zog in den Kampf für eine tatsächliche Gleichberechtigung der Geschlechter. Dieses Thema sollte sie zeitlebens nicht mehr loslassen. Es zieht sich wie ein roter Faden durch ihre Vita. Und das Thema Geschlechtergerechtigkeit verknüpfte sie eng mit den Thema Steuergerechtigkeit. Sie entwickelte sich zu einer erklärten Gegnerin des seit 1958 geltenden Ehegattensplittings und zu einer Vorkämpferin für eine geschlechtergerechte Familienbesteuerung. Unterstützt wurde sie dabei von ihrem Ehemann, der – für damalige Verhältnisse die Ausnahme – die Rolle des Hausmannes übernahm, während Helga Schulz berufstätig war und sich ehrenamtlich engagierte.
So gründete sie 1964 in Hamburg eine DSTG-Frauenvertretung, und als 1965 die Bundesfrauenvertretung unserer Fachgewerkschaft überregional aus der Taufe gehoben wurde, warf Helga Schulz den Hut in den Ring und wurde die erste Vorsitzende. Sie blieb es bis 1979. 1976 übernahm sie für sechs Jahre den Vorsitz der dbb bundesfrauenvertretung. Danach rückte sie beim dbb wegen ihrer Arbeitsbelastung ins zweite Glied. Aufgrund dieser Funktionen gehörte sie sowohl dem Bundesvorstand der DSTG wie auch dem Bundesvorstand des dbb an. Alle Gremien prägte sie auf höchst eindrucksvolle Weise, sodass ihr Name bis zum heutigen Tag mit Bewunderung und mit großem Respekt verknüpft ist. Als Kämpferin für Geschlechtergerechtigkeit, als Frauenrechtlerin und als ausgewiesene Steuerexpertin machte sie Tausenden von Frauen Mut, stärkte ihnen in einer männlich dominierten Arbeitswelt den Rücken, war Mentorin und oft auch ein Kummerkasten in schwierigen Situationen. Für viele jüngere Frauen wurde sie zu einemprägenden Vorbild!
In ihrer Heimat Hamburg wirkte sie seit 1971 im Landesverband der DSTG mit. 1988 wurde sie Vorsitzende der DSTG in der Hansestadt und blieb dies ganze 15 Jahre lang. Und sie war mit Leib und Seele jahrzehntelang Personalrätin. Voller Tatkraft, mit vielen Ideen und mit Schlagfertigkeit und Humor setzte sie viele Meilensteine und kämpfte zusammen mit ihren Mitstreiterinnen und Mitstreitern für Verbesserungen und für Wertschätzung im Hamburger öffentlichen Dienst. Ihr Name hatte Gewicht, zumal sich die Sozialdemokratin auch in vielfältiger Weise in der Hamburger SPD engagierte.
Von 1983 bis 1986 saß sie zudem im NDR-Rundfunkrat.Neben ihrem vielfältigen ehrenamtlichen Engagement brachte es die Steuerexpertin bis zur Hauptsachgebietslei-terin in einem Hamburger Finanzamt. 2004 ging sie als geschätzte Steueroberamtsrätin in den Ruhestand.
Ihr vermutlich höchstes Ehrenamt dürfte Helga Schulz 1996 erklommen haben: Sie wurde zur Vorsitzenden des Deutschen Frauenrates gewählt, des Dachverbandes von rund 60 bundesweit aktiven Frauenorganisationen und damit der größten frauen- und gleichstellungspolitischen Interessenvertretung in Deutschland. Sie blieb dies bis ins Jahr 2000. In dieser Zeit bereitete sie den Umzug der Organisation von Bonn nach Berlin vor. Ihr Lebenswerk wurde mit der Verleihung des Bundesverdienstkreuzes durch den Bundespräsidenten gewürdigt.
Die DSTG ist Helga Schulz zu größtem Dank verpflichtet.Ihr Engagement, aber auch ihrHumor sind bis heute legendär. Die Verstorbene war ohne jeden Zweifel ein Urgestein, ein Motor, eine Stütze, eine Ideengeberin. Aber sie blieb immer auch Mensch, sie war Ehefrau, sie war Mutter eines Sohnes. Helga Schulz hat sich gekümmert. Wer Rat suchte, fand den Weg zu ihr. Dies wird in der DSTG unvergessen bleiben. Das Andenken an sie halten wir in hohen Ehren. Wir verneigen uns vor einer vorbildlichen Gewerkschafterin!