08. August 2023

Aufholbedarf bei Digitalisierung

Von der Vision zur Realität: Deutschland nur auf Platz 18 bei Verwaltungsdigitalisierung im EU-Vergleich

Im Entwurf für den Bundeshaushalt waren für das kommenden Jahr für die Digitalisierung nur 3,3 Millionen vorgesehen, während es im Jahr 2023 noch 377 Millionen waren. Die Budget-Kürzung sorgte für eine massive Kritikwelle. Nun soll aus den verbleibenden Geldmitteln des Vorjahres die Differenz abgefangen werden.

Am 04.08.2023 verkündete der Finanzminister Christian Lindner, dass weitere 600 Millionen für das ITZBund vorgesehen sind. Das ITZBund ist im Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Finanzen und hat die Aufgabe, die Verwaltung mit moderner Informationstechnik voranzubringen.

Nicht nur für die Bürgerinnen und Bürger spielt die Digitalisierung der Verwaltung eine bedeutende Rolle, sondern auch unseren Kolleginnen und Kollegen würde die digitale Entlastung zugutekommen. Aktuell sehen wir uns mit massivem Personalmangel und einer erdrückenden Aufgabenlast konfrontiert. Eine massive finanzielle Kürzung erscheint daher fatal.

Besonders betroffen ist die Steuerverwaltung von der Kürzung des KONSENS Budgets.

Gespart werden soll hier im Bereich der KI und in der wichtigen eGovernment-Anwendung ELSTER. Der DSTG-Bundesvorsitzende Florian Köbler betonte, dass derzeit genau diese zwei Themen höchste Priorität genießen sollten, da ansonsten aufgrund des Fachkräftemangels die zukünftige Handlungsfähigkeit gefährdet ist.

Einem Bericht der Europäischen Kommission zum Index für digitale Wirtschaft und Gesellschaft zufolge hängt Deutschland, wohlgemerkt als viertgrößte Volkswirtschaft weltweit, in Maßnahmen zur Verwaltungsdigitalisierung gewaltig hinterher. Im Vergleich zu anderen EU-Mitgliedstaaten ist Deutschland auf Platz 18 – ein Armutszeugnis. Die Entwicklung zukunftstauglicher Digitalisierungsinitiativen ist schon längst überfällig.  Während Estland, Malta und skandinavische Länder in der Verwaltungsdigitalisierung weiterhin eine Vorreiterrolle einnehmen, gehen Experten in Deutschland von einem gewaltigen Rückstand von bis zu 20 Jahren aus. Die komplette Auflistung finden Sie am Ende dieses Artikels.

Anzumerken ist an dieser Stelle vor allem, dass mit dem 2017 verkündeten „Gesetz zur Verbesserung des Onlinezugangs zu Verwaltungsleistungen“ (OZG) ein wichtiger Meilenstein gesetzt werden sollte. 575 Verwaltungsservices sollten zum Jahresende 2022 digital bereitgestellt werden. Dieses Vorhaben ist der Bundesregierung allerdings nicht mal annähernd gelungen. Der Nationale Normenkontrollrat (NKR) zeigt lediglich 33 Verwaltungsservices auf, die bis zur genannten Frist online zur Verfügung standen. Das Ziel wurde eindeutig verfehlt. Umgesetzt wurden zu diesem Zeitpunkt nicht einmal 6 % der geplanten Verwaltungsleistungen - ein Fiasko.

Das genannte Beispiel zeigt deutlich, dass wirksame Digitalisierungsmaßnahmen mit einer präzisen Digitalisierungsstrategie beginnen sollten und da hat Deutschland in den letzten Jahren augenscheinlich nicht geglänzt. Wir fordern mehr digitale Kompetenzen statt externe Berater! Es braucht einen Aufbau von internem Know-how und Fachwissen, um Digitalisierung in der öffentlichen Verwaltung nachhaltig zu fördern. „Für gute Digitalisierung braucht es politischen Willen und finanzielle Ressourcen!“, so Köbler.

 

Digitalisierung öffentlicher Dienste in der EU
Index für die digitale Wirtschaft und Gesellschaft (DESI) 2022
Angabe in Punkten (0 bis 100)

1.    Estland:   91,2

2.    Finnland:   87,4

3.    Malta:   85,5

4.    Niederlande:   84,2

5.    Spanien:   83,5

6.    Irland:   83,5

7.    Luxemburg:   83,4

8.    Dänemark:   83,1

9.    Schweden:   82,4

10.  Litauen:   81,8

11.   Lettland:   78,8

12.   Österreich:   72,1

13.   Slowenien:   69,5

14.   Portugal:   67,9

15.   Frankreich:   67,4

        EU-Durchschnitt:   67,3

16.   Belgien:   64,8

17.   Tschechische Rep.:   64,5

18.  Deutschland:   63,4

19.   Italien:   58,5

20.   Zypern:   57,5

21.   Ungarn:   57,4

22.   Polen:   55,8

23.   Kroatien:   53,6

24.   Slowakei:   52

25.   Bulgarien:   51,9

26.   Griechenland:   39,4

27.   Rumänien:   21

Quelle: DESI Index 2022; Europäische Kommission